Wir alle begegnen in unserem Leben und in unserer Entwicklung ständig irgendwelchen Hindernissen. Schwierigkeiten, Problemen, Dingen, die nicht so funktionieren, wie sie sollten, blöden Menschen – was auch immer.

Manche meinen ja, dass man statt Probleme „Herausforderungen“ sagen soll. Das ist ein Weg, damit umzugehen.  Veränderte Sprache verändert in der Regel auch die Sicht auf die Dinge, die Gedanken und Gefühle. Der Begriff  „Herausforderungen“ impliziert, dass da etwas von mir erwartet wird und ich etwas tun kann, um das Problem zu lösen.

Ich möchte in diesem Beitrag einen speziellen Aspekt von Hindernis-Bewältigung anschauen und was das damit zu tun hat, glücklich zu sein.

Eine Beispiel-Geschichte

Wie so oft, möchte ich eine Geschichte von letztem Sonntag nehmen, um daran die verschiedenen Aspekte aufzuzeigen. Und die mich auf die Idee brachte, zu diesem Thema etwas zu schreiben. Weil ich sicher nicht der einzige Mensch auf der Welt bin, der mal Schiss vor etwas hat und sich dann nach Überwindung der Ängste oder Hindernisse so richtig gut fühlt. Dazu auch vielleicht noch was gelernt hat.

Also hier ist die Geschichte.

Ich bin schon seit einer Woche in der Türkei- und das war sozusagen erst einmal meine einzige Urlaubswoche, denn Montag beginnen Online-Seminare. Ich wollte in der Woche unbedingt meinen geliebten Kanalweg mit den tollen Ausblicken gehen. Aber diverse Dinge hinderten mich daran, bis nur noch der Sonntag als letzte Möglichkeit blieb.

Zum einen war das Wetter nicht so toll, die meisten Tage war es grau und verhangen und der Weg ist einfach bei klarem sonnigen Wetter schöner und ich kann tollere Fotos machen :-).
Außerdem war ich die ersten Tage noch richtig erschöpft und konnte mich nicht aufraffen.

Vor allem aber hatte ich ein wenig Schiss, beim ersten Mal alleine zu gehen. Um zum Kanalweg zu kommen, muss ich erst mal ca. 4 km die Straße rauftrampen, denn so eine befahrene Asphaltstraße macht zum Wandern keinen Spaß. Außerdem käme ich dann schon fix und fertig oben an.

Dann habe ich in den letzten Jahren erlebt, dass es im Winter oft durch starke Regenfälle Erdrutsche gibt, die ganze Teile des Weges runtereißen. Und da ist dann die Frage, wie man weiter kommt. Im letzten Jahr gab es drei kritische Stellen, wo mehr oder weniger provisorisch jemand wackelige Planken drüber gelegt hat. Ich leide extrem unter Höhenangst  und Schwindel, daher ist das für mich sehr heftig und ich freue mich immer, wenn ich eine helfende Hand dabei habe.

Das waren also meine Hindernisse. Wenn ich sie verallgemeinert formuliere:

1. Wie komme ich hin? (Der Weg zum Anfang)
2. Gibt es neue Abbrüche auf dem Weg?
3. Wie kann ich die Schluchten überwinden (trotz Höhenangst)
4. Was kann mir sonst noch passieren oder begegnen? (Menschen oder Tiere)

Da die Geschichte doch etwas lang geworden ist, veröffentliche  ich sie gesondert in meinem Blog „Natur-Seminare. Und fasse die abstrahierten Ergebnisse hier für Sie zusammen. Dann können Sie wählen, ob Sie auch die Geschichte lesen wollen und die tollen Fotos dazu anschauen oder sich nur theoretisch mit dem Thema Hindernisse und Glück befassen wollen.

  1. Wie komme ich hin? (Der Weg zum Anfang)

Da hier noch kaum Touristen sind, fährt das Dolmuş noch nicht. In der Regel trampe ich eh diese Strecke, aber ich mache mir Gedanken, ob überhaupt Autos fahren, weil hier nix los ist.
Doch das erste Auto nimmt mich sofort mit. Leichter und schneller hätte es gar nicht gehen können.

Fazit: Ich habe mir umsonst Gedanken und Sorgen gemacht.
Einfach losgehen und tun (in diesem Fall den Daumen raushalten) – und es klärt sich alles von selbst.

Das lässt sich tatsächlich auf alles übertragen und in jeder Challenge, in jedem Selbstlernkurs und Ratgeber wird das als oberste Prämisse gehandelt: Du musst anfangen, dich auf den Weg machen, auch wenn Vieles noch unklar ist oder du Zweifel hast.

Mein liebster Spruch in dem Zusammenhang ist immer noch: Lieber unperfekt begonnen als perfekt gezögert.

  1. Gibt es neue Abbrüche auf dem Weg?

Es ist sicher sinnvoll, vorher Informationen über mögliche Schwierigkeiten einzuholen, doch kann man damit nicht alle Unwägbarkeiten ausschließen. Zumal auch in diesem konkreten Beispiel die Einschätzungen sehr unterschiedlich sind. Jemand, der keinerlei Höhenangst hat, findet die Abbrüche am Weg und die Planken, die darüber führen, überhaupt nicht erwähnenswert, wiewohl sie mir den Angstschweiß auf die Stirn treiben.

Informiere dich über die Situation und mögliche Schwierigkeiten.
Du musst es aber oft ausprobieren und selbst anschauen, ob und wie du die Hindernisse bewältigen kannst.

 

  1. Wie kann ich die Schluchten überwinden (trotz Höhenangst)

Es ist also wie immer relativ, was man selbst als großes oder kleines Hindernis sieht.
Doch überwinden kann man es nur, wenn man sich ihm stellt und eine Strategie entwickelt.
In dem Fall habe ich tief durchgeatmet, mich konzentriert, bin vorsichtig, aber relativ zügig rüber, damit ich es hinter mich bringe. Aber nicht leichtsinnig gehüpft.

Andere mögliche Strategien bei dem Beispiel könnten sein:

– Den Weg erst gehen, wenn ich eine Begleitung gefunden habe.

– Einen anderen Weg suchen. Da gilt es dann abzuwägen. Ich liebe aber genau diesen Weg- und ja- ein bisschen reizte mich die Herausforderung schon. Denn ich war in der Tat stolz, als ich es alleine geschafft habe!

– Mir selbst Hilfswerkzeuge mitnehmen, ein Brett (haha, ich seh mich schon…)

– Auf die andere Seite des Kanals klettern (nasse Füße kann man trocknen, ich hatte sogar ein kleines Handtuch dabei und Ersatzschuhe und Socken, falls ich wieder reinfalle wie früher mal).

– Warten, bis jemand kommt, der mir seine Hand reicht (naja, das hätte ein paar Stunden oder Tage dauern können :-).

Solche Überlegungen zeigen: Es gibt oft viel mehr Möglichkeiten, als man erst einmal denkt. Und ich kann mich vorher entscheiden, welche ich wähle. Wenn ich mich dann für den Weg entschieden habe, mache ich es sicher mit mehr Power und Entschlossenheit als wenn ich es nicht bewusst gewählt hätte.

 

  1. Was kann mir sonst noch passieren oder begegnen? (Menschen oder Tiere)

Ich bin den Weg ja in früheren Jahren schon öfter alleine gegangen und habe es sehr unterschiedlich erlebt. Mal ging ich nur glücklich und beseelt und auch ein wenig stolz, dass ich so etwas alleine mache. Manchmal hatte ich auch – meist auf dem Rückweg- so ein mulmiges Gefühl. Erst Recht, als ich Schüsse hörte (später erfuhr ich, das da Wildschweine gejagt werden und zum Glück bin ich ja meist buntgenug gekleidet, dass mich niemand damit verwechseln kann).

Wenn ich mal Menschen begegnete, waren sie durchweg sehr freundlich. Arbeiter, die den Kanal reinigten, ein Arbeiter von einem Haus im Hinterland, der mir eine Quelle zeigte, wo ich meine Wasserflasche auffüllen kann, selbst die Jäger mir ihren Gewehren gaben mir freundlich Auskunft, was sie da treiben. Selten auch traf ich mal andere Touristen und ließ mich schnell von ihnen fotografieren :-). Regelmäßig treffe ich auf eine Ziegenherde, mal mit einer Frau, dir mir mal klar machte, dass die Ziegen Angst vor meinen Walkstöcken hätten oder mit einem Mann, der immer einen Mundschutz trägt.

Diesmal traf ich auf dem Rückweg Ahmet, in dessen Pension ich in den ersten Jahren in Cirali gewohnt hatte und der nun am Anfang des Weges ein Haus gebaut hat und glücklicher Rentner spielt.
Am Gözleme-Stand wurde ich mit lautem Hallo begrüßt und geküsst, die Bauarbeiter am Haus meines Freundes boten mir einen Stuhl an. Ali Dede erkannte mich wie all die Jahre nicht mehr, aber das macht nichts.

Kurz und gut, ich habe bisher hier noch nie eine Situation erlebt, in der ich mich vor irgendetwas fürchten musste. Ich denke, wenn ich abends durch die Straßen von Köln oder sonstwo gehe, hätte ich dazu mehr Anlass (aber da habe ich zum Glück genausowenig Angst :-)).

Nun bin ich doch wieder ins Konkrete abgeschweift.

Wenn ich es denn abstrahieren oder verallgemeinern will: Offen sein, für das , was kommt und immer mit dem Besten rechnen!

Den Weg gehen, den man gehen möchte und Herausforderungen sehen, analysieren und Strategien entwickeln, sie zu meistern. Oder sich entscheiden, dass die Schwierigkeiten zu groß sind und einen anderen Weg, ein anderes Projekt wählen.

Doch wie in diesem Beispiel ist es sicher oft: Unsere Befürchtungen vorher sind oft viel größer als die Schwierigkeiten, die dann tatsächlich auftreten.
Wie oft höre oder lese ich: „Mensch, als ich dann endlich mal angefangen hatte, ging es ganz schnell. Und ich hatte es wochenlang vor mir her geschoben.“

Das bezieht sich jetzt auf unangenehmere Dinge.

Bei so einem lohnenden Ziel kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu: Ich hätte mich total geärgert, wenn ich es gar nicht probiert hätte. Das wäre immer weiter in mir rumgespukt und ich hätte den Tag auch sicher nicht aus vollem Herzen am Strand oder sonstwo genießen können. Sondern mir im Stillen Vorwürfe gemacht.

Vor allem aber war es ein wunderschöner Tag. Mit Bilderbuchhimmel und alles blühte wie verrückt. Auch wenn Sie die Geschichte nicht im einzelnen lesen wollen (es gab wieder viele unglaubliche Begegnungen und Ereignisse, wie ich sie nur hier erlebe), schauen Sie sich die Fotos an.

Also, welcher Weg wartet darauf, von Ihnen gegangen zu werden?
Wo müssen Sie sich einen kleinen oder größeren Schubs geben, um sich auf den Weg zu machen?