Während meiner Pausen bei der Schleich-Wanderungletzten Samstag las ich in einem Buch etwas über Träume und Achtsamkeit im Augenblick.

Der Autor* vertritt die Meinung, dass es sich nicht widerspricht zu träumen und dennoch bewusst in der Gegenwart zu leben.
Achtsamkeit und Leben im Hier und Jetzt ist ja schon lange ein großes Thema. “Denke nicht an die Vergangenheit und Zukunft, sei ganz im gegenwärtigen Augenblick” ist nicht mehr nur eine buddhistische Prämisse, sondern wird allerorten als der Weg zur Glückseligkeit beschrieben.

Vorstellungskraft nutzen

Doch unsere Gedanken und Träume finden ja in der Gegenwart statt. Sie sind mit Gefühlen verbunden, die wir in diesem Moment fühlen. Genau das macht man sich ja auch im mentalen Training zunutze.

Positive Gefühle verstärken unsere Motivation

Träume lösen in uns Begeisterung aus, die uns zu Taten motivieren, die uns helfen, unsere Träume auch zu realisieren. Wir sind beflügelt, angespornt, motiviert, haben unser Ziel im Fokus und können so gezielt daran arbeiten.

Vorfreude

Mir würde enorm viel fehlen, wenn ich nicht mehr träumen „dürfte“, schon als Kind beflügelte mich die Vorfreude auf Urlaube oder Feste.

Auch heute brauche ich immer etwas am Horizont, worauf ich mich freue und worauf ich hinarbeite. Ein bestimmtes Seminar, das mein Herzensthema ist, mein Urlaub in der Türkei, die nächste geplante Wanderung, neue Farben, die ich bestellt habe, eine Verabredung.

Diese Vorfreude hat enorme Auswirkung auf das, was ich jetzt tue. Sie lädt mich mit Energie auf, ich arbeite mit mehr Schwung. Es ist keinesfalls so, dass ich damit den Augenblick ignoriere und ganz in der Zukunft lebe. Sondern die Gegenwart bekommt dadurch einen anderen Geschmack.

Was soll daran falsch sein?

Mich haben diese Sätze im Buch auf jeden Fall zum Nachdenken gebracht und ich spürte so etwas wie Erleichterung. Ich brauche kein schlechtes Gewissen mehr zu haben J. Ich bin da wohl noch sehr stark geprägt durch jahrelange Schulung in ZEN-Meditation und später andere Meditationsformen.

Konzentration auf die Gegenwart

Zur ZEN-Einstellung gehört auch, immer nur eine Sache auf einmal zu verrichten, mit voller Konzentration, Achtsamkeit und Hingabe.

Auch hier gestehe ich mir inzwischen ein, dass ich es einerseits total richtig und hilfreich finde, es aber durchaus auch Situationen gibt, wo ich es bewusst nicht so handhabe.

Ich bin kein Freund von Multi-Tasking. Mich stresst es und ich merke, dass ich dadurch in keinem Fall mehr schaffe, sondern dieses schnelle Hin und Her mich Kraft kostet und ich eher Fehler mache. Ich liebe es, eine Sache in Ruhe zu bearbeiten und dann die nächste.

Auch bei unliebsamen Tätigkeiten kann mir diese ZEN-Einstellung helfen, wenn ich dran denke. So erinnere ich mich an einen Kollegen, der einmal erwähnte, dass er total gerne den Abwasch macht und da so im Wasser dümpelt. Das war für ihn Erholung und Kontemplation von einem stressigen Alltag mit Job, Kind und Katze.

Aha, so kann man das auch sehen! Und immer, wenn ich mit dieser Haltung spüle, geht es mir leichter von der Hand als wenn ich es als lästige Sache ansehe, die ich möglichst schnell hinter mich bringen will, um dann zum „Eigentlichen“ übergehen zu können.

Die Doppelpack-Ausnahmen

Doch wie gesagt, es gibt auch da Ausnahmen.
Ich mag es zum Beispiel total gerne, beim Frühstück zu lesen. Viele Menschen lesen beim Frühstück Zeitung, ich lese Bücher. Und immer spricht im Hintergrund leise die mahnende Zen-Stimme: „Todsünde! Du sollst nur eine Sache auf einmal machen. Wenn du isst, dann isst du. Wenn du liest dann liest du…“ etc.

Nö, ich mag es total gerne verbinden und dadurch wird für mich sowohl der Genuss des Essens gesteigert als auch der Genuss des Lesens. So ist es!

Wahrscheinlich kann jeder ganz viele solcher Doppelungen aufführen. Bei Autofahren Radio hören lenkt mich von meiner Autofahrangst ab und entspannt mich!

Beim Malen Musik hören kann inspirierend sein.

Ich finde es aber irre anstrengend, wenn ich mich mit jemandem unterhalte und gleichzeitig Musik im Hintergrund läuft. Da bitte ich immer, dieses auszumachen, wenn wir uns privat treffen und in einem Restaurant oder Café zumindest, ob man es leiser stellen kann.

Kurz und gut, da muss wohl jeder selbst schauen, was ihm guttut und was eine Überforderung ist.

Es schade sicher nicht, hin und wieder solche „Regeln“ oder „Glaubenssätze“ oder neuen Hypes daraufhin zu untersuchen, ob sie so generell richtig sind und ob sie zu einem passen.

Spätestens wenn solche Begriffe wie „Achtsamkeit“ dermaßen inflationär in aller Munde sind wie inzwischen, werde ich misstrauisch. Denn Vielen geht es dann gar nicht darum, uns durch Achtsamkeit ein besseres Leben zu bescheren, sondern auf einen lukrativen Zug aufzuspringen, der gerade „in ist“.

Ich fahre lieber in meinem eigenen.

Wie sehen Sie das mit dem Träumen?

*Fabian Ries, Freigeister leben leichter