Vor einigen Tagen hatte ich einen Anruf auf dem AB von der Mitarbeiterin eines großen Verlages. Sie hätte eine Anfrage an mich zu einer Autorenschaft und ich möge doch bitte zurück rufen.
Was soll ich tun? Was will ich?
Gleich hatte ich widerstreitende Gefühle in mir. Ich wollte ja so schnell kein Buch mehr schreiben. Gleichzeitig war ich aber neugierig und gespannt, um welches Thema es denn geht.
Inzwischen weiß ich das Thema und die Zielgruppe und es klingt interessant. So, dass ich es wohl auch relativ schnell schreiben kann, weil es ein mir sehr vertrautes Thema ist. Für eine neue Zielgruppe – das würde es wiederum interessant für mich machen.
ABER: Es kostet einfach viel Zeit, auch wenn ich sicher zu den Schnellschreibern gehöre und die könnte ich auch gut dafür brauchen, weiter an meiner eigenen Fortbildung zu arbeiten oder neue Online-Seminare fertig zu stellen.
Und reich wird man mit Fachbüchern auch nicht :-).
Gleichzeitig sind da aber solche Gedanken: „Ach, das würde ich gerne. Im Winter habe ich dazu bestimmt Zeit.“ usw.
Was also machen?
Social Media befragen
Zuerst habe ich es direkt bei Facebook gepostet und wie erwartet bekam ich auch da natürlich unterschiedliche Reaktionen. „Ja klar, mach das.“ – „Nein, lass es.“ – „ Hör auf deinen Bauch“ usw.
Aber es hilft mir. Indem ich nämlich die Kommentare der anderen lese, merke ich, wo sich bei mir Widerstand regt:”Ooch, ich will aber doch”, oder wo ich strahle und denke: “Siehste, die sagt das auch!”
Bis dann ein Kollege auch schon schrieb, dass ich ja selbst ständig Argumente dafür schreibe.
Dann fiel mir ein: Ich habe ja auch mal ein Buch über Entscheidungsmethoden geschrieben. Nutze ich doch mal eine davon.
Entscheidungs-Mind Map
Doch ehe ich das Buch hervorkramte (es ist ein E-Book und eine CD-ROM) habe ich einfach eine Entscheidungs-Mind Map angelegt: Was spricht dafür, was spricht dagegen. Und dafür waren deutlich mehr Punkte.
Doch die Menge alleine macht es auch nicht. Wenn einer der Dagegen-Punkte sehr gewichtig ist, kann das auch den Ausschlag geben.
Nicht zu spontan entscheiden
Ein weiteres Prinzip, das ich mühevoll gelernt habe: Auf jeden Fall eine Nacht drüber schlafen. Ich bin da oft sehr ungestüm und ungeduldig, schreie sofort Ja oder Nein, aus einem momentanen Impuls heraus. Und habe erfahren, dass das nicht immer richtig war.
Also, Finger still halten und heute nicht entscheiden! Jedenfalls nicht offiziell und per E-Mail.
Mit jemandem sprechen
Mir hilft es auch immer sehr, mit einer Freundin zu sprechen. Dabei erlebe ich immer wieder: Während ich ihr erzähle, worum es geht, wird mir schon klar, was ich eigentlich will. Ich höre sozusagen meinen eigenen Argumenten zu und merke, wo emotional mehr Gewicht ist.
Ich glaube Vera F. Birkenbihl nannte das mal so schön „an jemanden hinreden“. Der andere fungiert nur als Spiegel – und wenn er oder sie das weiß, dann ist es ja ok. Sie muss also nur ihr Ohr leihen.
Und wie treffen Sie kleine oder größere Entscheidungen? Teilen Sie es doch mit uns im Kommentar
Und falls Sie wissen wollen, wie ich mich entschieden habe:
Ich habe es erst einmal aufgeschoben. Weil die zuständige Dame diese Woche in Urlaub ist. Und ich meine Freundin noch nicht erreicht habe. Aber ganz tief im Inneren weiß ich es wohl schon 🙂 – oder doch nicht?
Ein toller Text, der Anregungen gibt und mir aus dem Herzen spricht. Und: nebenbei Werbung für die Vielzahl Ihrer Bücher, von denen ich bisher zwei gekauft habe 😉
Ja stimmt, ist auch Werbung für meine Bücher :-), hatte ich jetzt gar nicht so im Blick.
Zumal mein Online-Webshop auf dieser Seite, wo ich sie verkaufen möchte, immer noch nicht fertig ist. 🙂
Schöner Beitrag, Zamyat! “An jemanden hinreden” ist für mich manchmal eine echte Therapie, nur die Freunde, mit denen ich das mache, fühlen sich manchmal ein wenig “benutzt” und verstehen nicht, was das “Gespräch” (= der Monolog) mir überhaupt so richtig gebracht hat. ^^
Hallo Oli,
das kann man ja kommunizieren und vielleicht sogar vorher klären. Mit einer Kollegin habe ich so eine Vereinbarung ( nachdem wir mal festgestellt hatten, was da abläuft ). Da sage ich dann schon vorher, ich brauch mal 10 Minuten zur Entscheidungsfindung.
Und wenn du dich nachher bei ihnen bedankst und sagst, dass sie dir ganz toll geholfen haben, dann freuen sie sich vielleicht auch :-).
Boah, das liest sich so spannend!
Ich bin jetzt ganz kribbelig, WIE du dich entscheiden wirst. Und ich glaube, ich weiß es. ;o)
Liebe Grüße
Sabine
PS.
Ich nutze zur Entscheidungsfindung meist zuallererst eine “Entscheidungsfindungsmatrix”. Beispiel:
1. Vorteile, wenn ich das Buchprojekt annehme
2. Nachteile, wenn ich das Buchprojekt annehme
3. Vorteile, wenn ich stattdessen ### mache
4. Nachteile, wenn ich stattdessen ### mache
Dann folgt für jeden gefundenen Punkt eine Gewichtung von 1 = nicht so wichtig bis 3 = total wichtig
Und dann werden 1 + 3
und 2 + 4 zusammengerechnet
Die Ergebnisse sprechen dann für sich. Wenn der Bauch das Ergebnis aber nicht gut findet, weißt du, dass du vermutlich nicht richtig gewichtet oder etwas vergessen hast.
Und manchmal ist ja keine Entscheidung zu treffen auch eine Entscheidung. :o)
Haha, das ist gut.
Deine Methode ist ja noch ein wenig komplizierter, ich habe ja mit Zahlen und Matrixen eher Probleme, wobei ich solche Bewertungs-Matrixen auch in meinen Kreativitätsseminaren immer vorstelle.
Die Ergänzung, wenn ich stattdessen XX mache, finde ich hochinteressant. Das war genau das Argument einer Kollegin (du wolltest doch….)
Und da schreit es in mir: Ich will aber doch beides machen. BÄM!
Mein Kopf weiß wiederum: Ich nehme mir IMMER zu viel vor. Gleichzeitig sehe ich, dass ich ja durchaus auch ne Menge schaffe und die Dinge auch zu Ende bringe. Also kein typischer Scanner bin, der tausend Dinge beginnt und wenig zu Ende bringt.
Auch wenn ich nicht ALLES schaffe. Aber vielleicht gibt mir das gerade den nötigen Pfeffer?
(So denke ich gerade wieder mal laut vor mich hin, danke, dass du gerade als Hinrede- bzw. Hinschreibe-Spiegel dienst :-)).
Hihi, gerne bin ich so ein cooler Spiegel!
Zahlen mag ich eigentlich üüüberhaupt nicht. Doch in diesem Modell mach ich eine Ausnahme, da ich ja nur bis drei zählen muss. 😀
Danke Zamyat für Deine Inspiration!
Für solche Ambivalenzen, wie Du sie beschreibst (Buchschreiben oder Online-Seminare) nutze ich gerne das Aufstellungsformat “Tetralemma” mit Bodenankern von Matthias Varga von Kibéd und Insa Sparrer. Die Idee kommt aus der früheren indischen “Gerichtslogik”: Wenn es einen Streit zwische zwei Personen gibt, dann muss der Richter entscheiden, ob Person A Recht hat oder Person B oder Beide oder keiner von Beiden. Genau diese vier Positionen werden bei einem Entscheidungsproblem/Dilemma genutzt, geht es doch dabei um einen inneren Streit.
Herzliche Grüße
Elke
Hallo Elke,
Danke für diese Ergänzung. Ich meine, der Begriff Tetralemma ist mir schon mal irgendwo begegnet, habe aber noch nicht damit gearbeitet. Werde ich mir noch mal genauer anschauen- wobei das Entscheidungspendel gerade wieder zur anderen Seite ausschlägt, nachdem ich gestern endlich mit meiner Freundin telefonieren konnte. Diesmal war es kein reines “an sie hinreden”, sondern sie hat bewusst mal die Gegenseite eingenommen und das hat mich doch noch mal vertieft ans Grübeln gebracht :-). Naja, bis nächsten Montag habe ich noch Zeit :-).
Finde es klasse, dass du den Mut hattest dich zu focussieren, wünsche Dir viel Raum dafür.
Vielleicht sollte ich auch mal mitteilen, wie ich mich entschieden habe :-)?
Also- ich habe tatsächlich dem Verlag abgesagt. Was mir nicht leicht viel.
Aber mir ist ganz klar geworden: Damit würde ich mich im Moment total verzetteln. Ich habe gerade dermaßen viel um die Ohren (was ja erfreulich ist), dass ich das nicht mehr wirklich gut geschafft hätte.
Wenn ich neben meinen vielen Online- und Präsenzseminaren und Coaching noch Zeit finde, investiere ich diese gerade in meine intensive Marketing-Fortbildung, mit der ich ja noch lange nicht fertig bin.
Und ein Privatleben hat Mensch ja auch noch :-).
In diesem Sinne – fröhliches Entscheiden – und Danke Doro!!