Wenn ich in Seminaren oder Einzelcoaching Kreativitätstechniken vorstelle, nehme ich mir für den ersten Punkt immer richtig Zeit. Denn das ist der Wichtigste und wird gleichzeitig am meisten vernachlässigt.
Ich suche ja dann eine Kreativitäts-Technik, wenn ich eine konkrete Fragestellung habe oder ein Problem, zu dem ich Lösungsideen suche.
Die Formulierung der Frage ist die erste Phase in allen Kreativitäts-Modellen.
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Themenformulierung
Dabei ist es wichtig, das Thema genau zu formulieren und auch so konkret wie möglich. Oft werden Themen oder Fragen sehr allgemein formuliert. Um welches Problem geht es beispielsweise wirklich, wenn die Frage genannt wird: „Wie können wir die Kommunikation zwischen den Abteilungen verbessern?“
Was ist mit „guter“ Kommunikation gemeint? Auf welcher Ebene liegen die Probleme? Geht es darum, dass Informationen nicht schnell genug weitergeleitet werden oder nicht an die richtigen Adressaten? Oder geht es um die Atmosphäre und das Betriebsklima?
Entsprechend der Problematik werden andere Lösungen benötigt, die aber nur durch eine präzise Themenformulierung gefunden werden können. Es kann sogar sein, dass sich zu den verschiedenen Fragestellungen unterschiedliche Methoden anbieten.
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Analyse
Beispiele
Wie können wir die Kommunikation zwischen den Abteilungen verbessern?
Geht es um das Thema, dass Informationen nicht immer rechtzeitig dort hinkommen, wo sie hingehören, muss zuerst einmal analysiert werden, wo es klemmt, wer welche Informationen braucht, wer sie weitergibt in welcher Reihenfolge und Hierarchie.
Oder geht es darum, dass es zu viele Informationen gibt und alle mit einer Papierflut überschwemmt werden? Oder werden zu viele Mails verschickt und einfach an alle weitergeleitet, obwohl sie gar nicht für alle relevant sind?
Je nach Ursache und Konkretisierung geht es also um ganz unterschiedliche Probleme, die ganz verschiedene Lösungsstrategien brauchen.
Das zeigt, dass die Themenstellung möglichst konkret sein muss.
Wie bekomme ich mehr Teilnehmer für …
An einem eigenen Beispiel kann ich es auch sehr gut konkretisieren.
Wie kann ich mehr Teilnehmer für die Online-Trainer-Ausbildung gewinnen?
Ich habe bei einem Kreativ-Walk® vor einigen Jahren mir die Frage gestellt, wie ich mehr Teilnehmende für die Online-Trainer-Ausbildung gewinnen kann. Damals waren viele Trainer noch sehr skeptisch, Online-Lernen war noch nicht so in aller Munde wie heute.
Ich habe dann im nächsten Schritt analysiert, woran es denn liegen kann? Und eins sprang mir dann sofort ins Auge. Ich bekam nämlich oft E-Mails oder Telefonate mit Trainern, die großes Interesse an so einer Online-Trainer-Ausbildung hatten, aber genau zu den Terminen, die angeboten wurden, nicht konnten. Weil sie als Trainer eben oft selbst Seminare haben.
Die ON_TRAB umfasst 3 Module á 3 Wochen. Wenn man dann in genau einer der Modul-Wochen selbst 3 Tage unterwegs ist, ist das natürlich blöd. Wenn es bei 2 Modulen so ist, hat es in der Tat keinen Sinn teilzunehmen.
Die Ursache für das Nicht-Anmelden lag also bei vielen an einem zeitlichen Problem. Ich muss natürlich irgendwelche Zeiten vorgeben, wenn ich ein Seminar anbiete, das aber oft nicht kompatibel mit den Teilnehmern ist.
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Neuformulierung
Daher formulierte ich die Frage dann um:
Wie kann ich die ON_TRAB zeitlich flexibler gestalten?
An dem Beispiel wird es wohl deutlich: Bei einer so veränderten und konkreten Fragestellung kommen ganz andere Ideen in der kreativen Ideenfindungsphase als bei der vorherigen Formulierung: Wie bekomme ich mehr Teilnehmer… Da hätte ich dann allgemeine Marketing-Ideen notiert (die ich eh schon kenne oder sogar berücksichtige) und wäre nicht wirklich in die Tiefe gedrungen.
In diesem Fall kam ich dann auf die Idee, drei Mal im Jahr eine Einzelvariante anzubieten, wo ich mit der Trainerin oder dem Trainer individuelle Termine vereinbare. Natürlich ist das Honorar dann höher, weil es ja wie ein Einzelcoaching ist und mich viel mehr Zeit kostet.
Doch die Einzeltrainings sind jedes Jahr ausgebucht, sowohl bei der ON_TRAB als auch bei der WEB_TRAB, das zeigt, dass diese Konkretisierung und die daraus entstandene Idee sehr gut waren.
Zu allgemeine Themenstellungen und Konkretisierungen
Lassen Sie uns das noch an ein paar Beispielen gemeinsam durchexerzieren. Und anschließend nehmen Sie sich am besten gleich ein eigenes Thema und probieren es damit. Sie können das auch gerne in den Kommentar schreiben und wir schauen dann gemeinsam nach einer Konkretisierung, indem ich Ihnen Fragen dazu stelle.
Beispiele
Wie kann ich mehr Entspannung in mein Leben bringen?
Wie bringe ich mehr Ordnung ins Büro?
Wie kann ich mehr Entspannung in mein Leben bringen?
In der Analyse-Phase klären Sie erst einmal, wo Ihnen Entspannung fehlt bzw. wo Sie eben Stress empfinden und erleben?
Weiter können Sie schauen: was hilft Ihnen denn grundsätzlich bei Entspannung? Die einen brauchen Power (Joggen, boxen), die anderen lieber Yoga oder Entspannungsübungen.
Wie äußerst sich der Stress bei Ihnen und wie fühlen Sie sich, wenn Sie entspannt sind?
Das sind jetzt nur ein paar Beispiele, aber konkretisieren Sie für sich, worum es wirklich geht und wie Sie Ihre Situation erleben.
Als nächstes formulieren Sie Ihr Ziel? Was streben Sie an?
Sicher nicht, dass Sie 10 Stunden am Tag in der Hängematte liegen. Das würde jedem langweilig.
Vielleicht kommen dann ganz konkrete Dinge heraus. Beispiele:
Sie möchten einfach regelmäßig etwas Zeit für sich alleine (um zu lesen, zu wandern, einfach auf einer Bank sitzen).
Oder Sie wollen entspannter mit Ihren Kindern umgehen und etwas mehr Zeit mit ihnen verbringen, ohne innerlich unter Druck zu sein.
Oder oder…
Dann könnte eine Neuformulierung so lauten:
„Wie schaffe ich es, drei Mal in der Woche eine Stunde Zeit nur für mich alleine zu haben?“
„Wie schaffe ich es, mir Zeit für meine Kinder zu nehmen und mich vorher in eine entspannte Verfassung zu bringen, so dass ich mich auch voll darauf einlasse?“
Bei solchen Themen geben Sie am besten auch nachher bei der konkreten Planung konkrete Stundenzahl an!
Wie bringe ich mehr Ordnung ins Büro?
Auch hier erst einmal die Analyse:
Was genau ist unordentlich? Was nervt und behindert Sie am meisten?
Wie entsteht diese Unordnung? Geht es nur um Ihren Schreibtisch und überquellende Ablagekörbe? Oder ist das ganze Ordnersystem chaotisch gewachsen?
Liegt es daran, dass Sie alles ungelesen in den Ablagekorb knallen? Oder Ihnen Kollegen ständig Sachen rüberschieben?
Und dann picken Sie sich einen konkreten Aspekt raus, der eine große Wirkung haben wird und formulieren dazu Ihr Thema.
Beispiele:
Wie kann ich bei mir die Gewohnheit einrichten, gelesene Papiere direkt an der richtigen Stelle abzulegen?
Oder
Wie kann ich verhindern, dass meine Kollegen mir unkontrolliert Papiere auf den Tisch legen (oder unnötigerweise bei allen möglichen E-Mails ins CC setzen- oder oder).
Konkretisierungen
Diese konkreten Formulierungen helfen nicht nur dabei, dass Sie auch viel konkretere Lösungsideen bekommen, die Sie dann auch tatsächlich umsetzen können. Sondern Sie machen auch das Problem überschaubarer, indem Sie eben erst einmal nur einen Bereich rauspicken.
Das erhöht die Motivation, weil es Ihnen auch realistischer erscheint, dass Sie es bewältigen können – und dann packen Sie es auch an!
Ich denke, es ist deutlich geworden. Wenn Ihre Fragestellung lautet: „Wie kann ich mehr Entspannung in mein Leben bringen?“ werden wahrscheinlich auch nur allgemeine Antworten kommen. Die Sie ohnehin schon kennen und tausendmal gelesen und gehört haben. Mach regelmäßig Sport. Nimm dir Zeit für dich! Ernähre dich gesund! Die üblichen Tipps, die ja richtig sind, aber so auch nichts helfen.
Werden Sie also konkret und analysieren Sie vorher, wo der eigentliche Knackpunkt liegt. Und dazu suchen Sie dann kreative Lösungsideen mit Hilfe einer Kreativitätstechnik.
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